TEHERAN, KASSAN, QOM, ISFAHAN
Gut ausgebaute Straßen sorgten dafür, daß wir Tehran relativ schnell erreichten und punktuell wieder zu
unserem gesetzten Ziel (neben der Eisdiele) fanden. Aber in diesem Verkehrschaos mußte Jürgen wieder
Nerven behalten, denn hier gilt die Devise: hupen, drängeln, draufhalten, der Stärkere siegt. Nach jeder Tour
sind wir schweißgebadet. Aber endlich....die Eisdiele von Hassan!! Zwischendurch hatte sich unter den
Kunden und den Freunden von Hassan rumgesprochen, daß er Besuch aus Allemagne hat, die mit ihrem
Riesentruck direkt in der Nebenstraße der Eisdiele parken. Und ... so ist es im Orient, wir bekamen Besuch...
bei uns im Auto ging es zu wie im Taubenschlag, den ganzen Tag Besuch und Besichtigungen, Erklärungen
und Gespräche. Auch die Nachbarschaft stellte sich mit Geschenken in Form von Obst, Gemüse und Nüssen
zum Besuch und Schwätzchen ein.
Offroadinsider interessierte natürlich mehr die technischen Details des Fahrzeugs und so krochen sie unterm
und auf dem Fahrzeug herum und schauten sich alles so genau an, daß sie zum Schluß die gesamte Elektrik
lahmgelegt hatten.
Eine kleine Reparatur (wieder einmal die Abdichtung eines Wellenringes) organisierte Hassan auf die
Schnelle. Ein Werkstattbesitzer (Deutschland- und Mercedesfan) kam mit seinem Monteur und schnell war
die „Sache“ erledigt. Geld nahm er keines dafür. Er verabschiedete sich mit den Worten: „Ihr seid Gäste in
meinem Land und ich liebe Deutschland!“
Wageninspektion
Einige Tage vorher war Hassan mit einer kleinen Gruppe seiner Freunde für eine 4- Tages Tour in der Lut-
Wüste, im Süden von Iran. Hier erlebten sie herrliche Tage mit Wanderungen in den Dünen, Paragliding und
etwas Sensationellem: sie fanden einen fußballgroßen, mordsschweren Stein, zu 99% ein Meteorit. Zur
entgültigen Sicherheit ging eine kleine Probe in ein Institut in der Schweiz und der Fundort wurde natürlich
genaustens festgehalten.
Meteorit
Wir sind gespannt, wie die Geschichte ausgeht. Nach noch einigen Tagen warten und mehreren Besuchen
erhielten wir endlich... endlich unser Transitvisum für Turkmenistan. Kosten: 55 Dollar pro Person. Nun
konnte es endlich weitergehen. So schön und unterhaltsam es auch in Tehran war. Große Verabschiedung mit
vielen, vielen Tips und Ratschlägen vor der Eisdiele. Weitere Sehenswürdigkeiten warteten in Qom, Kassan
und Esfahan auf uns. Aber... erstmal mußten wir wieder durch den Verkehr von Tehran. Vom Norden in den
Süden auf die Autobahn . Dafür benötigten wir glatte 2 Stunden nervenaufreibende Fahrt und dann endlich...
die Autobahn! Pay toll, Portemonaie gezückt, denn wir wollten die Mautgebühr für die Autobahn bezahlen...
aber dann... Winkte uns doch ein Polizist raus! Was wollte der denn? Genervt öffnete Jürgen die Tür: „Tourist,
Caravan! Allemagne!“ Aber alles nutzte nichts. Wir mußten, warum auch immer, runter von der Autobahn.
Für LKW`s gesperrt.
Wir quälten uns mit den anderen LKW`s auf die stark befahrende Landstraße und konnten im Vorüberfahren
das monströse Grabmal von Khomeni, ein Prunkbau mit vergoldeten Kuppeln, sehen, das ausschließlich aus
Spendengeldern finanziert worden sein soll. Große Plakatwände, Parkplätze und Schilder wiesen darauf hin.
Es war wohl Wunsch Khomenis, in der Nähe der eostazafan, der Entrechteten und in unmittelbarer Umgebung
der vielen Kriegstoten auf dem Friedhof Behesht-e Zahra beigesetzt zu werden. Immer Richtung Süden,
Kassan sollte unser nächstes, größeres Ziel sein. Nachmittags erreichten wir zunächst einmal Qom, eine der
drei heiligsten Städte Irans. Qom, am Rande der Kavir Wüste nimmt immer größere Ausmaße an, da immer
mehr Gläubige sich hier niederlassen. Religiöse Führer aus Qom haben immer eine bedeutende Rolle gespielt.
Der Revolutionsführer Khomeni ist von hier 1964 ins Exil gegangen und hielt sich nach seiner Rückkehr
meist hier auf und nicht in Tehran.
Qom ist eine sehr verschlossene Stadt, Frauen mit keck über die Haare fallenden Kopftüchern wird man hier
nicht finden. Der Chaddor ist hier Pflicht. Auch als Tourist sollte man sich dementsprechend verhalten. In
dieser Stadt fanden wir keine Verkehrsschilder, die für uns lesbar waren. Alles in „farsi“. Die Orientierung in
dieser großen Stadt war für uns schon sehr problematisch. Vor einer großen Kreuzung stoppte Jürgen den
Deutz, um herumstehende Männer nach dem Weg zu fragen. Auf der Landkarte versuchten sie uns die
Richtung zu zeigen. Nicht ganz eindeutig ruderten die Iraner mit ihren Armen wie parkinsonkranke Menschen
durch die Gegend. Wir entschieden uns für: „Rechts rum!“ Kaum war der Deutz gestartet, gab es einen
kräftigen Rums und der Wagen neigte sich nach hinten rechts. „Au, backe, was ist denn jetzt passiert?“ Nichts
ging mehr. Wir verließen sofort das Fahrzeug und sahen die Bescherung. Mit dem rechten Hinterrad hingen
wir in einem 50-60 cm tiefen Betongraben.
Jürgen, eigendlich immer ein umsichtiger Fahrer, passte für einen kurzen Moment, noch versunken in den
Diskussionen über die Fahrtrichtung, nicht auf und schon war es geschehen. Aus eigener Kraft konnte sich der
Deutz aus dieser misslichen Lage nicht befreien. Während wir noch berieten, was zu tun sei, starteten die
Iraner bereits ein Kranfahrzeug, welches zufälliger Weise 10m neben unserem Deutz parkte. Die Gurte
wurden um das Auto geschmissen und schon hing unser Deutz am Haken. Nach einigen Minuten stand dieser
wieder auf allen 4 Rädern. Welch ein Glück, wir waren happy!! Die angebotenen Dollar wurden nicht
angenommen, die Freude uns geholfen zu haben, war größer. Na dann, gute Weiterfahrt!!
Versackt
Noch in Gedanken setzten wir die Fahrt fort. Nach ca. 2 km merkten wir, daß wir doch die falsche Richtung
eingeschlagen hatten. Plötzlich rief Petra: „Rechts raus!“ Jürgen reagierte sofort und steuerte das Fahrzeug
von der linken auf die rechte Fahrbahnseite. Einem iranischen Truckerfahrer, der mit hoher Geschwindigkeit
uns rechts überholte, können wir unser Leben verdanken. Hätte er nicht gebremst und wäre er nicht
ausgewichen..... Wir hatten Glück, sehr viel Glück!!! Nach einer langen Weiterfahrt war uns nach diesen
Geschehnissen verständlicherweise nicht mehr zu Mute. In einem kleinen Dorf, direkt vor einem sehr
hübschen Restaurant fanden wir einen Übernachtungsplatz. Bei einem guten Kebab mit Reis, Joghurt und
Salat und zwei islamischen Bieren (natürlich alkoholfrei) verarbeiteten wir den Tag. Leider stellte Jürgen erst
jetzt fest, daß die Seitenprofile am Koffer des Wagens von den Gurten des Krans etwas eingedrückt wurden.
Unser Freund Thomas hat somit wieder etwas zu tun! Vor Kassan sollten wir einen Abstecher nach
Marenjab, einer alten Karawanserei an einem Salzsee in der Kavir-Wüste machen. 60 km staubige Piste hin,
60 km staubige Piste wieder zurück. Wir entschieden uns gegen ein Verbleib an diesem Ort! Wir waren
enttäuscht und traten somit sofort den Rückweg an.
Noch vormittags erreichten wir Kassan. Auf dem großen Parkplatz vor dem sehenswerten Fingarden fanden
wir einen Stellplatz für 3 Nächte. Ein junger, freundlicher Polizist begrüßte uns und teilte uns immer wieder
mit:“I am so happy, that you are here!“
Nach einem Spaziergang im Ort trafen wir am Fingarden auf das erste Wohnmobil mit Touristen seit Beginn
unserer Reise. Karo und Seppi aus Wien, die nach dem Studium und vor der Familiengründung zu einer
einjährigen Tour mit ihrem VW-Bus aufgebrochen waren. Eine nette Eintragung von Karo in unser Gästebuch
wollen wir Euch nicht vorenthalten und können ihren Eindruck nur unterstreichen. Es tat uns gut, sich mal
wieder in der Muttersprache unterhalten zu können.
Kassan ist eine liebenswerte Stadt (für uns Landeier gerade die richtige Größe) mit sehr vielen
Sehenswürdigkeiten, die wir uns am nächsten Tag anschauen wollten. Wir schlenderten durch die Altstadt und
bewunderten die vielen, gut erhaltenen Lehmhäuser, staunten über den architektonisch sehenswerten Basar.
Viele der alten Häuser haben wegen der hohen Sommertemperatur zur Kühlung Windtürme. Weitere
Attraktionen, wie das Badehaus Hamam-e Khan, besichtigten wir ausführlich. Beeindruckend fanden wir
auch die vielen, mit Wasserspielen und Blumen nett hergerichteten Innenhöfe und Lokale.
Jürgen mit Arbeitskollegen Gästebucheintrag
Für unsere nächste Station, die orientalische Stadt Isfahan (2 Millionen Einwohner) planten wir wegen der
Größe und der vielen, vielen Sehenswürdigkeiten 2 volle Tage ein. Mit dem LKW wagten wir uns in die für
uns immer enger werdende Innenstadt. Der Baumbestand rechts und links der Straßen bildete mit seinem
Blätterwerk nach oben ein Dach, so daß es für unseren Deutz schon ziemlich eng wurde. Bei einem Polizisten
nach einem Stellplatz gefragt, ordnete dieser uns einen Platz am Straßenrad mitten in der Stadt zu. Dieser
genügte uns natürlich nicht, zumal wir auch für Blacky ein wenig Auslauf benötigten. Also kreisten wir weiter
durch die Stadt, verdutzten wieder die Polizei und trafen auf Said, einem iranischen Teppichhändler, der uns
durch die engen, verwinkelten Gassen lotste, bis wir direkt hinter der großen Moschee Masdjed-e Imam, in
einem winzig kleinen Innenhof einen Stellplatz fanden. Direkt neben Karo und Seppi, die schon einen Tag
zuvor hier waren und uns durch eine SMS zukommen ließen, daß diese Zufahrt zum Stellplatz für uns zu eng
sei. Aber nein... wir passten so gerade durch und planten für 2 Nächte diesen idealen Platz mit seiner Nähe
zum Zentrum und den Besonderheiten einzunehmen. Wir stellten das Auto ab und genossen wie immer
unseren Kaffee zu Mittag und Blacky lag wie immer im Schatten unter dem Auto.
Als Jürgen wie immer nach dem Genuß des Kaffees mit Blacky Gassi gehen wollte, war dieser weg... einfach
verschwunden...! Alles Rufen nützte nichts, er war weg!! Der Parkplatzwächter, ein etwa 13 jährige Junge,
machte uns mit einer Handbewegung klar, daß Blacky Richtung Innenstadt gelaufen sei. Ein Auto kam auf
den Parkplatz gefahren und die Insassen machten uns unmißverständlich klar, daß sie Blacky gesehen hatten:
„Dog City!“ Ausgerechnet in Isfahan, in der heiligen Stadt, in der Hunde absolut verboten sind, mußte Blacky
eine „Mücke“ machen. Es folgten zwei Tage intensiver Suche nach Blacky, wir informierten die Polizei und
auch Said, der Teppichhändler, der ein paar Freunde aktivierte, suchte mit. Von Blacky keine Spur!! Wir
fanden uns damit ab, die Reise ohne Hund fortsetzen zu müssen, zumal ein deutschsprechender Iraner uns
erzählte, daß freilaufende Hunde hier erschossen werden. Trauer und Tränen machten sich breit, die
Ungewißheit um Blackys Verbleib zermürbte uns. Die Fragen, ob er als Straßenköter leben mußte oder wurde
er überfahren oder erschossen oder einfach geklaut, zur Zeit im Iran trendy, konnten nicht beantwortet
werden. Somit fuhren wir am nächsten Tag ohne Hund in den Süden der Stadt, um dort bei der
Touristenpolizei unser Iranvisa verlängern zu lassen und ließen uns auf Anraten der Polizei in dem Ghadir
Garden (N32°38.440`/E051°42.913`/Höhe 1582m) nieder. Für Wohnmobilfahrer und Camper: Toiletten und
Duschen sind vorhanden, der Platz ist Tag und Nacht bewacht, eine kleine Ambulanz ist vorhanden und zu
Fuß sind einige Lebensmittelgeschäfte und Obststände erreichbar.
Trotz des idealen Platzes und der netten iranischen Nachbarn, kam bei uns keine Freude mehr auf. Die
Stimmung an Bord war besch....!!!! Nie mehr das nächtliche Geschnarche von Blacky zu hören, die freudige,
morgendliche Begrüßung, das freundliche Bellen, die Gassirunden, uns fehlte was!!! In unserer Trauer kam
Jürgen auf die Idee unseren Freund Hassan und Daniel, den Leiter der deutsch-iranischen Industrie- und
Handelskammer, den wir natürlich in unserem Auto kennenlernten, in Tehran anzurufen. Beide waren sich
einig, daß wir ohne Blacky nicht weiterfahren konnten. Der Hund sollte her!! Diese Gespräche taten gut und
wir fassten neuen Mut. Daniel telefonierte mit einem Bekannten, einem Mutimillionär, Porzellanfabrikant,
einen der mächtigsten Männer aus Isfahan, der einen guten Draht zur Politik hat. Er stellte sofort zwei von
seinen besten Leuten ab, mit dem Auftrag uns zu helfen und den Hund zu finden. Eine halbe Stunde später
war Herr Reza mit seinem Kollegen am Wohnmobil. „Habt Ihr ein Bild von Blacky? Wir finden den Hund!“
waren seine ersten Worte nach der Begrüßung. Mit dem Foto bewaffnet fuhren wir zu unserem ersten
Stellplatz, ihr wißt schon, hinter der Großen Moschee. Sehr selbstbewußt und bestimmend wurden einige
Kaufleute von Herrn Reza befragt. Wir klingelten an den verschiedensten Häusern, zeigten den Menschen das
Foto von Blacky. Niemand hatte Blacky gesehen.
Aber dann... wir trafen einige 12-13jährige Jungen. „Ja, den Hund haben wir gestern und vorgestern gesehen.
Hier lag er unter dem Busch und dort hat er geschlafen!“ Jürgen war erleichtert, schöpfte er doch Hoffnung.
„Für jetzt ist erst einmal gut“, meinte Herr Reza, „denn nun kommt der Orient ins Spiel. Heute Abend gegen
22 Uhr suchen wir weiter, wir fahren jetzt erst einmal zurück zum Wohnmobil.“ Kaum am Wohnmobil
angekommen, klingelte bei Herrn Reza das Handy. „Ihr sucht einen Hund? Einen schwarzen? Wir haben
gestern einen gefunden. Was seid Ihr bereit zu zahlen?“ Herr Reza antwortete: „100 Euro, mehr nicht, denn
der Hund ist schon alt und hat nur noch einen ideellen Wert für die Besitzer.“ „Okay!“ Wir bekamen die
Adresse und eine halbe Stunde später waren wir bei dem Anrufer, der ein Teppichgeschäft in der Nähe der
großen Moschee betreibt. „Der Hund ist in meinem Privathaus außerhalb von Isfahan, ich wollte den Hund
vor seinem sicheren Tod bewahren, denn ich dachte mir schon, daß der Hund sicher einem Europäer gehört.“
Mit dem Auto ging es quer durch Isfahan. Nach einer 40minütigen Autofahrt war es dann soweit. Jürgen
konnte Blacky wieder in seine Arme schließen und auch Blacky, der im Garten angebunden war, freute sich
riesig. Unter allen Beteiligten machte sich eine gelöste Stimmung breit. Happy end!! Wir bedanken uns bei
allen Helfern und Suchern! Wir bedanken uns bei Daniel, Herrn Reza und natürlich dem Porzellanfabrikanten,
der sich immer wieder telefonisch über den Sachverhalt der Aktion informieren ließ. Fragen nach unserem
Wohlbefinden taten uns in dieser Situation gut und die helfende Hand des Herrn Reza bei der
Visaverlängerung brachte uns einen weiteren Aufenthalt von 4 Wochen im Iran ein (zumindest im Pass!!),
verkürzte die Wartezeit erheblich und umschiffte einige iranische Bürokratien.
Bogenbrücke Isfahan Freund Reza mit Familie
Reihenhaussiedlung Der große Platz in Isfahan
Vor der großen Moschee